Mein letzter Tee mit Tina ist nun schon knapp vier Monat her und wenn ich die Zeilen von damals lese, kommen sie mir mittlerweile doch irgendwie entfernt vor. Aus einer sehr weit zurückliegenden Vergangenheit, die mir heute fast schon ein wenig surreal vorkommt. Die Corona Pandemie löste wahrscheinlich nicht nur bei mir im März eine eisige Endzeitstimmung aus: Sorgen um die Gesundheit, Angst, Social Distancing, finanzielle Sorgen und eine ungewisse Zukunft. Irgendwie schwebte damals alles in der Schwebe. Alles war neu. Man wusste nicht, wie die nächsten Monate verlaufen werden.
Aber weiß man das heute? Realistisch betrachtet stehen wir heute genau an demselben Punkt wie damals. Es gibt kein wirksames Mittel gegen den Coronavirus, wir befinden uns inmitten der Corona Pandemie und unsere Realität, wie wir sie kennen, ist noch immer fürchterlich verwundbar und verletzlich. An sich hat sich also nichts geändert – und doch erscheint zumindest mir, knapp vier Monate später, die Welt als eine andere.
Nicht unbedingt meine eigene, aber doch die, die ich derzeit im TV und auch meinen Social Media Channels beobachte. Denn ja, meine Realität spielt sich auch heute noch immer hauptsächlich bei mir zu Hause ab. Ich halte mich noch immer recht strikt ans Social Distancing und bemühe mich Sozialkontakte tatsächlich auf das Minimum zu begrenzen. Fernweh & Reiselust? Definitiv. Ein Sommerurlaub in Zeiten der Corona Pandemie? Ein Risiko, das ich nicht eingehen werde. Ob man das so handhaben muss? Das sollte jeder für sich selbst entscheiden – ich möchte dennoch heute ein wenig darüber schreiben und meine Gedanken mit euch teilen.
Nun starten bald fast überall in Deutschland die großen Sommerferien, zeitgleich ist das Wetter hier in Deutschland recht unbeständig und selbst wenn wir jeden Tag mediterrane Temperaturen hätten: Sie macht sich trotzdem ganz natürlich bei den meisten von uns breit – die Reiselust. Auch mich besteigt sie. Und trotzdem denke ich, dass man nicht jeder Lust, jedem Reiz, jedem Wunsch nachgehen sollte.
Klar – ganz offiziell ist das Reisen gestattet und auch zwingend notwendig, um die Reisebranche weiterhin am Laufen zu halten. Zudem hängen auch in vielen Touristenregionen Tausende von Jobs davon ab und ich weiß, dass auch diese Situation ziemlich dramatisch ist, Existenzen bedroht und man das nicht ewig durchziehen kann. Und trotzdem kann ich mich nur dafür aussprechen, dass man vernünftigerweise aus gesundheitlichen Gründen darauf verzichten sollte.
Nur weil es rechtlich gestattet ist, heißt es nicht, dass es ungefährlich ist. Die Tatsache, dass Reisewarnungen aufgehoben worden sind, hat größtenteils nur etwas mit den wirtschaftlichen Aspekten zu tun. Die Tatsache, dass die Reisewarnungen im Mai so lange aufrecht erhalten worden sind, hatte juristische Gründe (sonst hätten die betroffenen Personen ihr Geld nicht so einfach zurückfordern können).
Nun mögen manche einwenden, dass es ja Sicherheitsstandards gibt und dass ja jeder selbst dafür verantwortlich ist, dass diese eingehalten werden. Das mag so stimmen, allerdings gibt es beispielsweise in Europa keine einheitlichen Regeln und bei manchen Gegebenheiten (wie beispielsweise im Flugzeug) wird der Mindestabstand nicht eingehalten. Zudem werden auch manche Regionen explizit damit, dass man “Corona-frei” Urlaub machen kann, ohne Maske, ohne Mindestabstand, ohne das böse “C-Wort” im Hintergrund. Dass dies über die Maßen gefährlich und leichtsinnig ist, muss ich wahrscheinlich nicht explizit erwähnen.
Nun muss das jeder für sich selbst entscheiden und verantworten können, es gibt natürlich auch vernünftige wirtschaftliche Erwägung dafür (letztlich ist es auch immer eine Abwägung von Kosten und Nutzen), aber muss man den Sommerurlaub wirklich als Grundrecht verstehen? Schaue ich mir so manche Argumentation dazu an, frage ich mich wirklich, in welcher Art von Wohlstandsgesellschaft wir leben, dass viele Menschen sich persönlich angegriffen fühlen, wenn es darum geht, dass sie auf ihren (wohlverdienten) Sommerurlaub verzichten sollen.
Ich verstehe das – man hat hart gearbeitet, wahrscheinlich auch dafür gespart und möchte gern mal ein wenig die Seele baumeln lassen. Absolut verständlich. Aber ist dies in Zeiten der Corona Pandemie wirklich nötig? Muss man sein eigenes “Grundrecht auf Urlaub” über das Wohl der Allgemeinheit stellen? Auch das muss am Ende jeder für sich selbst entscheiden.
Ich persönlich bin klar dagegen. Der Kosten-Nutzen-Faktor geht für mich nicht auf. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nach den Sommerferien wieder erheblich steigende Infektionszahlen geben wird und dass einem diese Nachlässigkeit noch um die Ohren fliegen wird. Ob es eine zweite Welle geben wird? Auf jeden Fall. Ob sie nach den Sommerferien starten wird? Ich weiß es nicht, aber ich rechne spätestens im Herbst ganz fest mit ihr.
Und noch ein kleiner Punkt zum Nachdenken: Der Sommerurlaub in Zeiten der Corona Pandemie ist kein Grundrecht. Generell ist Sommerurlaub nicht grundrechtlich verankert. Und betrachten wir uns auch mal die deutsche Realität fernab von Corona Pandemie Zeiten, so ist der Sommerurlaub an sich nicht selbstverständlich. Viele Menschen können sich einen Sommerurlaub auch ohne Corona nicht leisten. Sommerurlaub ist Luxus. Ein Luxus, der schön ist, aber nicht notwendig.
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